GeltungsjudeAls „Geltungsjuden“ definierten die Nationalsozialisten in der ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14. November 1935 Menschen mit zwei „der Rasse nach volljüdischen Großelternteilen“ (sogenannte Halbjuden), die der jüdischen Religionsgemeinschaft angehörten und/oder mit einem Juden verheiratet waren. Daneben gab es die sogenannten „jüdischen Mischlinge“, die „nicht zum Judentum tendierten“ und in einer Ehe mit einem „arischen“ Partner lebten.
Gesetz zur Verhütung erbkranken NachwuchsesBereits am 1. Januar 1934 trat das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ in Kraft, auf dessen Grundlage etwa 400 000 Menschen zwangsweise sterilisiert wurden, ca. 5000 starben an den Folgen des Eingriffs. Eine deutliche Radikalisierung fand schließlich mit dem sogenannten Euthanasiebefehl statt, von Adolf Hitler Ende Oktober 1939 unterschrieben und auf den 1. September rückdatiert, der die Ermordung Kranker und Behinderter zum Ziel hatte.
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Gesetz zur Wiederherstellung des BerufsbeamtentumsDieses Gesetz, erlassen am 7. April 1933, ermöglichte es der nationalsozialistischen Regierung, Kritiker des Regimes und jüdische bzw. „nichtarische“ Staatsdiener zu entlassen oder in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen. Jeder Beamte musste nun nachweisen, dass er keine jüdischen Verwandten hatte. Sukzessive fand das Gesetz auch bei Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst sowie in halböffentlichen Unternehmen Anwendung.
GestapoDie Geheime Staatspolizei (Gestapo) entstand 1933 als politische Polizei des nationalsozialistischen Regimes nach der rechtlichen und organisatorischen Umformung der politischen Polizeiorgane der Weimarer Republik. Zur Aufdeckung und Verfolgung aller Handlungen, die das Régime als politische Vergehen oder Verbrechen definierte, konnte die Gestapo als „vorbeugende Maßnahme“ gegen tatsächliche oder angebliche Gegner eine „Schutzhaft“ in Gefängnissen und Konzentrationslagern verhängen, Gefangene foltern und hinrichten.
GhettoDie nationalsozialistischen Besatzer errichteten Ghettos als Orte der Demütigung, Ausgrenzung und Ausbeutung der jüdischen Bevölkerung. Durch die Konzentrierung der jüdischen Bevölkerung in größeren Städten machten die Besatzer die Ghettos zu Sammel- und Zwischenstationen im Vorfeld weiterer Deportationen, häufig in Vernichtungslager. Ab 1940 wurden die Ghettos von der Außenwelt abgegrenzt. Besonders in Polen und in der Sowjetunion war die Errichtung von Ghettos fester Bestandteil Judenverfolgung. Derzeit ist die Existenz von etwa 1200 Ghettos in Ostmittel- und Osteuropa belegt.
Ghetto KaunasUnmittelbar nach der Besetzung der Stadt Kowno im Juni 1941 kam es zu organisierten Pogromen. Im Juli 1941 informierte die Sicherheitspolizei Vertreter der Jüdischen Gemeinde, dass alle Juden bis Mitte August 1941 in ein Ghetto ziehen müssten. Im abgeriegelten kleinen und großen Ghetto lebten etwa 30 000 Menschen. Die Mehrzahl der Juden musste Zwangsarbeit für deutsche Rüstungsunternehmen leisten. Im Herbst 1941 ermordeten die deutschen Besatzer in mehreren „Aktionen“ über 10 000 Ghettobewohner. Zwei Jahre später, 1943, wurde das Ghetto in ein Konzentrationslager umgewandelt und die SS übernahm die Kontrolle über das Ghettoleben und den Zwangsarbeitseinsatz. Im März 1944 wurden in großen Deportationen Kinder und ältere Ghettobewohner in die Vernichtungslager Auschwitz und Majdanek gebracht. Im Juli 1944 wurden etwa 8000 Ghettobewohner in weiter westlich gelegene Konzentrationslager deportiert. Vor Ankunft der Roten Armee am 1. August 1944 sind alle Gebäude des ehemaligen Ghettos gesprengt und niedergebrannt worden.
Ghetto LembergDie deutschen Besatzungsbehörden besetzten Lwów am 30. Juni 1941; zeitgleich begann die Wehrmacht, unterstützt von der nichtjüdischen Bevölkerung, mit der Ermordung von Juden. Im November 1941 gaben die Besatzungsbehörden bekannt, dass alle Juden bis zum Mitte Dezember 1941 in ein zu errichtendes Ghetto ziehen müssten. Ende des Jahres 1941 lebten zwischen 90 000 und 110 000 Menschen im Ghetto. Im September 1942 wurden etwa 80 000 Menschen im Ghetto von der übrigen Stadt abgeriegelt. Im Vorfeld hatten große Razzien und anschließende Deportationen ins Vernichtungslager Bełżec stattgefunden. Weitere Deportationen fanden im November 1942 sowie im März 1943 statt. In Folge wurde das Ghettogelände drastisch reduziert und erhielt die offizielle Bezeichnung „Julag Lemberg“. Am Juni 1943 wurde das Lager geräumt. 7000 Menschen wurden deportiert und 3000 ermordet. Die Rote Armee befreite am 26. Juli 1944 Lemberg, zu diesem Zeitpunkt lebten nur noch 300 Juden in der Stadt.
Ghetto LitzmannstadtIm jüdischen Armenviertel Bałuty der Stadt Łódź errichteten nationalsozialistische Besatzungsbehörden bis zum April 1940 ein vier Quadratkilometer großes Ghetto für ca. 160 000 Juden. Ende 1941 trafen in 20 Großtransporten etwa 20 000 Juden aus Deutschland, Österreich und Tschechien ein. In 96 Arbeitsstätten mussten die Ghettobewohner unter unwürdigsten Bedingungen leben und arbeiten. Der Massenmord an den Ghettobewohnern begann im Januar 1942 mit den Deportationen in das Vernichtungslager Kulmhof/Chełmno. Im Zuge der Auflösung des Ghettos im August 1944 kamen Juden ins Lager Auschwitz, wo die meisten in den dortigen Gaskammern ermordet wurden.
Ghetto MinskUnmittelbar nach dem Überfall auf die Sowjetunion errichteten die Besatzer im Juli 1941 das etwa zwei Quadratkilometer große Ghetto Minsk für ca. 100 000 einheimische Juden. Bereits im November 1941 wurden auch Juden aus dem Deutschen Reich ins Ghetto Minsk deportiert. Diese waren in einem „Sonderghetto“ untergebracht, ohne nennenswerten Kontakt zum „Hauptghetto“. Fast alle Menschen, die unter unwürdigen und erbärmlichsten Bedingungen im Ghetto überlebt hatten, wurden entweder bei einem Massaker im Mai 1943 oder bei der Auflösung des Ghettos im September 1943 erschossen.
Ghetto RigaDieses Ghetto entstand kurz nach der Besetzung Lettlands im August 1941 im „Moskauer Viertel“ der Stadt. Auf etwa 9000 Quadratmetern sollten 30 000 einheimische Juden von der übrigen Bevölkerung separiert werden. Im Vorfeld der ersten Transporte aus dem Deutschen Reich wurden Ende November 1941 27 500 Ghettobewohner erschossen. Von November 1941 bis Februar 1942 kamen 20 Transporte mit deutschen, österreichischen und tschechischen Juden ins Ghetto Riga. Im Sommer 1943 entstand in der Nähe des Ghettos das Konzentrationslager Riga-Kaiserwald, in das über 400 Juden aus dem Ghetto verschickt wurden. Im November 1943 wurden Kranken und Kinder in großer Zahl ins KZ Auschwitz deportiert und das Ghetto damit so gut wie „aufgelöst“.
Verweise
Ghetto TheresienstadtTheresienstadt (Terezín) war eine Festungsstadt in der Nähe von Prag. Die 3700 nichtjüdischen Einwohner wurden 1940 von den Nationalsozialisten aus der Stadt evakuiert, um dort ein Ghetto einzurichten. Ins Ghetto Theresienstadt kamen vor allem ältere jüdische Deutsche, die im Ersten Weltkrieg ausgezeichnet worden waren, jüdische Partner aus nicht mehr bestehenden „Mischehen“ und „Geltungsjuden“. Sie mussten „Heimeinkaufsverträge“ abschließen, in denen die Deportierten ihre Vermögenswerte gegen „Betreuung und Pflege“ in Theresienstadt abtraten. Die Nationalsozialisten missbrauchten die kulturellen Aktivitäten im Ghetto für ihre Propaganda und täuschten komfortable Lebensbedingungen vor. In Theresienstadt starben etwa 33 500 Menschen. Unzählige deportierten die Besatzer in Vernichtungslager und nur etwa 23 000 konnte die Rote Armee am 8. Mai 1945 befreien.
Ghetto WilnaDie deutsche Wehrmacht besetzte Vilnius am 24. Juni 1941, bereits Anfang September wurde ein Ghetto errichtet. Etwa 30 000 Juden wurden ins „große“ Ghetto und ca. 11 000 ins „kleine“ Ghetto eingewiesen. In den folgenden Monaten terrorisierten die Besatzungsorgane die Ghettobewohner immer wieder mit Erschießungsaktionen vor allem von nicht mehr arbeitsfähigen Menschen. Die Räumung des Ghettos begann im August 1943 mit Deportationen nach Lettland und Estland. Am 23. September 1943 wurde das Ghetto gänzlich geräumt. Die Stadt Vilnius wurde am 13. Juli 1944 von der Roten Armee befreit. Zu diesem Zeitpunkt lebten von ehemals 75 000 Juden nur noch etwa 3000.